Das Schweizer Milizsystem
Wusstest du schon, dass…
die Grundlage der Politik in der Schweiz das Milizsystem bildet? Das bedeutet, dass die Schweiz nicht auf allen Ebenen von Berufspolitikerinnen und -politikern geführt wird. Bürgerinnen und Bürger üben nebenberuflich ein Behördenamt aus und übernehmen staatspolitische Verantwortung. Jede stimmberechtigte Person kann für ein solches Amt gewählt werden. Deine Gemeinde ist die politische Ebene, die am nächsten bei den Bürgerinnen und Bürgern ist. Auf dieser Ebene werden die wichtigsten Leitplanken für den Alltag der Menschen gesetzt. Aus diesem Grund braucht es fähige und engagierte Personen in den Gemeinderäten, zum Beispiel dich.
Gestalte deine Heimat mit.
Als Gemeinderätin oder Gemeinderat wirkst du auf der Ebene der Exekutive mit, also der ausübenden Staatsgewalt oder «Regierung». Du arbeitest in der Regel in deinem Hauptberuf weiter und engagierst dich nebenberuflich für deine Gemeinde.
Das Amt wird natürlich fair entschädigt. Der Milizgedanke lebt aber davon, dass sich Menschen aus Interesse am Wohl der Bürgerinnen und Bürger freiwillig für ihre Gemeinde einsetzen. Die Stimmberechtigten einer Gemeinde wählen die Mitglieder der Behörde. Jede stimmberechtigte Person kann für das Gemeinderatsamt kandidieren.
Der Gemeinderat trifft wichtige Entscheidungen, welche die gesamte Bevölkerung betreffen, sei es das Schulhaus, eine Bushaltestelle, der Sportplatz oder die Umweltpolitik. Die Gemeindebehörden müssen zukunftsorientierte, nachhaltige und wirtschaftliche Entscheidungen treffen. Dazu braucht es qualifizierte Leute, zum Beispiel dich.
Nimm Platz am Steuer deiner Gemeinde.
Mit einem Platz im Gemeinderat sitzt du am Steuer deiner Gemeinde und entscheidest mit, in welche Richtung sich diese entwickelt. Du kannst in vielen wichtigen Bereichen mitreden wie im Bauwesen, in der Steuer- und Finanzpolitik, im Schul- und Sozialwesen, in Umweltfragen, in der Infrastruktur, in der Sicherheit sowie in der Jugend- und Alterspolitik. Jedes Mitglied des Gemeinderats ist für ein bestimmtes Ressort verantwortlich und leitet die Gemeindeverwaltung in seinem oder ihrem Bereich an.
Erfahre mehr über das Wahlverfahren im Faktenblatt «Wahlverfahren»
Wie kann dich dein Arbeitgeber oder deine Arbeitgeberin unterstützen?
Die Arbeitgebenden sind ein wichtiges Rädchen im Uhrwerk des Milizsystems. Auch wenn es keine nationalen oder kantonalen Regelungen gibt, bekennt sich die Wirtschaft zum Milizsystem. Im Alltag ist es für viele Arbeitnehmende aber schwierig, ihre berufliche Karriere mit der freiwilligen Übernahme eines politischen Amtes unter einen Hut zu bringen. Ein solches Amt lässt sich mit einem beruflichen 100%-Pensum nicht immer vereinbaren.
Für Teilzeitbeschäftigte oder Personen ohne bezahlte Arbeit ist es daher leichter, ein Gleichgewicht zu erreichen. Oft ist es jedoch möglich, mit dem Arbeitgeber zu sprechen, um einen Kompromiss zu finden und alle Verpflichtungen miteinander zu vereinbaren. Einige Gesamtarbeitsverträge sehen unter bestimmten Bedingungen Entschädigungen für Fehlstunden oder -tage vor, die für die Ausübung eines öffentlichen Amtes notwendig sind. Die zuständigen Sozialpartner werden dir sicherlich direkt Auskunft geben.
Gerade kleineren Unternehmen fehlt leider häufig der Spielraum, um ihre Mitarbeitenden zu unterstützen. Nichtsdestotrotz können Arbeitgebende beispielsweise durch flexiblere Zeitfenster für Mitarbeitende oder durch die Ermöglichung einer Pensenreduktion die Übernahme eines Amtes erleichtern. Gleichzeitig profitieren auch sie davon durch:
- kostenlose «Weiterbildung» und Entfaltungsmöglichkeiten ihrer Mitarbeitenden.
- längerfristige Personalbindung aufgrund flexiblerer Arbeitsmodelle.
- die Vernetzung des Unternehmens über politisch aktive Mitarbeitende.
- die Stärkung der wirtschaftlichen Interessensvertretung auf Gemeindeebene.
- Imagegewinn aufgrund des Engagements des Unternehmens für das Gemeinwohl.
Wie bringe ich Familie und politisches Engagement unter einen Hut?
Ein politisches Mandat ist selbstverständlich mit dem Familienleben vereinbar. Es empfiehlt sich jedoch, dass du dir die Frage, wie sich ein Mandat im Gemeinderat mit deinen häuslichen Pflichten und der Betreuung deiner Kinder oder nahestehender Personen vereinbaren lässt, genauso stellst wie bei deiner Berufstätigkeit. Besprich sie mit deiner Familie und deinem engen Umfeld, um zum Beispiel herauszufinden, wie du die Verteilung der Familienaufgaben ausgleichen kannst, wenn du um 18 Uhr eine Ausschusssitzung hast?
Im Folgenden findest du Ideen zur besseren Vereinbarkeit von politischen Aufgaben und Familienleben, die von der PromoFemina-Website, einem Projekt der Fachhochschule Graubünden, stammen. Auf dieser Website findest du auch eine ausführlichere Beschreibung der aufgelisteten Ideen mit praktischen Beispielen:
- Hinterfragen der Besprechungszeiten, der Häufigkeit und der Dauer: Wenn die bestehende Organisation nicht sinnvoll ist, kann sie angepasst werden
- Sitzungsdaten und -zeiten langfristig und verbindlich planen: Das erleichtert die Organisation aller anderen Verpflichtungen der einzelnen Mitglieder des Gemeinderats
- Beschränkte Sitzungszeiten auf zwei Stunden
- In der Präsenzphase werden nur die Elemente behandelt, welche die Anwesenheit des gesamten Rats erfordern: Zirkuläre Entscheidungen und Online-Sitzungen können dazu beitragen, politische Aufgaben besser mit anderen zu vereinbaren
- Reserviere feste Halbtage pro Woche für die Arbeit im Zusammenhang mit der politischen Funktion (Termine, Vorbereitung von Dossiers usw.)
- Vorschlag an den Rat, einen Richtwert für den maximalen Zeitaufwand oder eine konkrete Stundenzahl pro Monat für die Mitglieder festzulegen
- Den Kinderhütedienst des Roten Kreuzes in Anspruch nehmen: Babysittervermittlung Rotes Kreuz Wallis
Eine gute Standorbestimmung bietet der Life Balance Check der Fachstelle UND.
VEREINBARKEIT VON BERUF UND AMT?
Wie schaut es mit der Vereinbarkeit des Jobs mit einem öffentlichen Amt aus? In den meisten Fällen und wenn es dein Arbeitgeber zulässt, ist eine traditionelle Beschäftigung durchaus mit einer öffentlichen Funktion vereinbar. Allerdings kann es in einigen wenigen Fällen sein, dass dein Beruf es dir nicht ermöglicht, eine solche Funktion auszuüben.
Das Gesetz über Unvereinbarkeiten (GU) gibt dir einen Überblick darüber, was je nach ausgeübtem Beruf erlaubt oder nicht erlaubt ist. Insbesondere die Artikel 18 und 19 erläutern die Unvereinbarkeiten in Bezug auf die Gemeindeordnung.